Magazin Transformation

Das Leben der anderen oder macht das wirklich Spaß?

Wir verbringen unendlich viel unserer Zeit in der Rolle eines ‚Zuschau-ers‘.

„Wir verbringen unendlich viel unserer Zeit in der Rolle eines ‚Zuschauers‘.“ Gedanken zu Burn-Out, Bore-Out und Zeitver(sch)wendung und über die Möglichkeiten, das Leben zu gestalten.

Am 1. Juli 2021 trat das Gesetz über die statistische Erhebung der Zeitverwendung (Zeitverwendungserhebungsgesetz) in Kraft. Die Daten zur Zeitverwendung der in Deutschland lebenden Menschen erhebt das Statistische Bundesamt. Getreu dem Motto „Wo bleibt die Zeit?“ werden für die Erkenntnis, wie die Teilnehmer der Umfrage ihre Zeit auf die verschiedenen Lebensbereiche aufteilen, deren Tagesabläufe erfasst. Wer es nicht so offiziell will, dem stehen inzwischen verschiedene Apps zur Verfügung, die Buch über unsere Zeitverwendung führen. Sogar unser Tiefschlafphasen bleiben nicht mehr im Dunkeln sondern werden akribisch ausgewertet. Aber Hand aufs Herz – bringt uns das als Mensch(heit) weiter? Zu wissen, wie wir unserer Zeit verbringen, sagt noch lange nichts über die Qualität unseres Erlebens aus.

Die durchschnittliche Nutzungsdauer sozialer Medien hat sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Rund 150 Minuten unserer täglichen Lebenszeit scrollen wir uns mit Lichtgeschwindigkeit durch die neuesten Storys auf Insta, Twitter & Co. 

So wie es Lieferservices erleichtern, unseren Hunger bequem zu stillen, befriedigen laut Sozialpsychologen die sozialen Netzwerke unser Grundbedürfnis nach sozialer Anerkennung. Inzwischen kommen bei mir jedoch Zweifel auf, ob wir aus den Posts über die Erlebnisse anderer oder aus den mit schönen Bildern versehenen Lebensweisheiten tatsächlich etwas für unser Leben mitnehmen. Ich bin geneigt zu glauben, dass wir die zwei Stunden unseres Lebens auch dafür einsetzen könnten, proaktive Entscheidungen für unser Leben zu treffen, statt mit einem „Like“ die Eitelkeiten anderer zu befeuern. Denn am Ende bleiben wir über das passive Konsumieren lediglich im Termin- und Leistungsdruck, emotionalen Stress, in unseren Überzeugungen und unserem gewohnten Trott hängen. Die Begriffe Burn-out und Bore-out sind in aller Munde, doch es scheint mir, dass das Leben der anderen unseren individuellen Belastungen oder der Monotonie unseres Alltags nur wenig entgegensetzen kann. 

Die Frage sollte demnach nicht „Wo bleibt die Zeit?“, sondern „Wie gelangen wir zu einem höheren Maß an innerer Beweglichkeit?“ lauten. Wer vermittelt uns geeignete Tools, um im eigenen Alltag mit Druck und ungelösten Herausforderungen bewusst umgehen zu können und allfällige Veränderungen herbeizuführen? Wie gelingt es uns, nicht nur das zu „liken“, was andere uns „vorleben“, sondern Gestalter unseres Lebens zu werden? Ein erster Schritt wäre, die Zeit besser als auf den Bildschirm zu starren zu nutzen. Halbieren Sie die Zeit für die sozialen Medien und nutzen Sie den Freiraum für die bewusste Wahrnehmung und Gestaltung von Gedanken, Gefühlen und Körperimpulsen. Darüber entsteht eine inspirierende Fülle an innerer Beweglichkeit und Wahlmöglichkeiten für das, was uns real mit Freude und Spaß, ja letztlich Glück erfüllt.